Erstveröffentlichung: 28.02.2020
Dies ist das zweite Interview einer Reihe, für die ich arbeitende Mamas interviewt habe. Ich möchte Dir damit verschiedene Lebens- und Arbeitsmodelle zeigen und Dir Mut machen, dass Du Deinen eigenen Weg für Dich findest.
Meine heutige Interviewpartnerin ist Regina. Obwohl sie den Zeitpunkt der Rückkehr nach der Elternzeit rechtzeitig bekannt gegeben hat, war ein Wiedereinstieg im alten Job nicht möglich. Wie es dazu kam und wie sie auf die Ablehnung reagiert hat, hat sie mir im Interview erzählt.
Regina, im Juni 2018 kam Adrian auf die Welt. Wie hast Du die Elternzeit geplant und Dir die Rückkehr nach der Elternzeit vorgestellt?
Da wir unseren Sohn adoptiert haben, blieben mir nur 6 Wochen Zeit zur Vorbereitung der Elternzeit. Meine Vorgesetzte hat mehrfach nach der tatsächlichen Elternzeit gefragt, aber ich wurde ja völlig ins kalte Wasser geschmissen und hatte nicht die Möglichkeit, mich monatelang darauf vorzubereiten.
Wie liefen die Gespräche im Vorfeld mit Deinem Arbeitgeber?
Meine Chefin habe ich zunächst nur per Mail informiert, dass ich plane, 2 Jahre Elternzeit zu nehmen. Aber – vorausgesetzt ich habe einen Krippenplatz – nach einem Jahr oder in der zweiten Hälfte der Elternzeit in Teilzeit wieder zurückkommen möchte. Ich weiß, dass die Mail gelesen wurde, da ich die Antwort erhalten habe, sie bräuchte das bitte schriftlich. Also habe ich ein Schreiben erstellt und meinem Arbeitgeber eingereicht. Ich habe das mit der Rückkehr nach einem Jahr in den schriftlichen Antrag nicht mehr reingeschrieben, da ich auch dachte, das ist eine Sache zwischen mir und meiner Vorgesetzten und der offizielle Antrag geht ja an die Personalabteilung.
Und wie ging es dann weiter?
Ich habe am 16.07. meine Elternzeit angetreten, vorher noch ein paar Tage Gleitzeit genommen, aber auch dafür gesorgt, dass der Resturlaub genommen ist. Ich wollte auf beiden Seiten einen klaren Strich, das hat sich im Nachhinein als gut herausgestellt.
Dann bin ich in die Elternzeit gegangen und habe mich im Februar 2019 um einen Krippenplatz bemüht. Zuerst hieß es, ab August habe ich einen Platz. Da man mit einer Eingewöhnung von 6 Wochen ausgeht, hätte ich ab Anfang Oktober wieder arbeiten gehen können.
Ich habe dann mit meiner Teamleiterin Kontakt aufgenommen und mitgeteilt, dass ich ab August einen Krippenplatz habe und ab Oktober wieder arbeiten gehen könnte. Erstmal habe ich nur angefragt, ob Bedarf besteht, also noch kein offizieller Antrag auf Rückkehr. Dieser Erstkontakt war im Februar. Die Teamleiterin hat das an ihren Chef weitergeleitet, weil sie selbst gerade dabei war, die Niederlassung zu wechseln. Zum Zeitpunkt meiner Rückkehr wäre sie nicht mehr da gewesen. Ich habe ab da nur noch mit dem Vorvorgesetzten gesprochen. Am 14.02. habe ich ihm geschrieben, dass ich wiederkommen will und er hat mir über den Betriebsratsvorsitzenden ausrichten lassen, dass ihm das so nicht reicht. Er braucht genau, wie ich mir das vorgestellt habe. Wann möchte ich zurückkomme, an welchen Tagen, wie viele Stunden und so weiter. Am 15.02. habe ich das Ganze konkretisiert; per E-Mail, nicht schriftlich. Und dann habe ich nichts mehr gehört. Vorher hatte ich noch mit ihm telefoniert und da hieß es, grundsätzlich können sie jeden gebrauchen, der ein Telefon bedienen kann. Er würde wiederum mit seinem Chef, dem Regionalleiter, sprechen. Von meinem Arbeitgeber habe ich dann lange nichts gehört.
Und dann kam plötzlich alles anders. Magst Du uns erzählen, wie sich die Situation entwickelte?
Dann bekam ich plötzlich einen Anruf von der Kita, dass ich einen Platz ab 01.06. haben kann, also Rückkehr zum 01.08., wie ich mir das ursprünglich gedacht hatte. Ich habe bei meinem Vorvorgesetzten nachgefragt, ob er mit dem Regionalleiter habe sprechen können und habe ihn darüber informiert, dass ich bereits im August zurückkommen kann. Er gratulierte mir zum Krippenplatz, aber sie hätten gerade keine Stellen frei.
Wie hast Du Dich in der Situation gefühlt und welche Schritte hast Du unternommen?
Das hat mich doch sehr erstaunt, denn ich habe ja bereits VOR Antritt meiner Elternzeit gesagt, dass ich in der zweiten Hälfte wieder kommen möchte. Da hätte, wer auch immer für mich eingestellt wurde, meines Erachtens nur einen Jahresvertrag kriegen können. Im Gesetz steht, dass der Arbeitgeber aus wichtigen Gründen den Antrag auf Teilzeit in der Elternzeit ablehnen kann. Welche wichtigen Gründe das sind, steht dort natürlich nicht. Daraufhin bin ich zu einem Anwalt für Arbeitsrecht gegangen. Ich habe ihm das ganze vorgelegt und wollte wissen, ob die lapidare Aussage „wir haben keine Stellen frei“ besonders in diesem Fall, wo ich meinen Wunsch nach Rückkehr ja angekündigt hatte, einer dieser „wichtigen Gründe“ sei.
Wie beurteilte der Anwalt die Sachlage?
Er schaute sich das an und blickte auf den Kalender, die E-Mail und das Gesetz und wieder, Kalender, E-Mail, Gesetz. Irgendwann schaute er mich an und meinte „ja, aber das Ding ist durch“. Das erläuterte er mir dann. Theoretisch wäre ein wichtiger Grund, keine Stellen frei zu haben, aber der Antrag ist am 14.02. gestellt und am 15.02. konkretisiert worden, also könnte man den 15.02. als entsprechendes Datum setzen. Und am 26.03. kam die Absage per E-Mail, dass keine Stellen frei wären. Im Gesetz steht, wenn der Arbeitgeber nicht binnen 4 Wochen geantwortet hat, ist der Antrag des Arbeitnehmers genehmigt. Bei mir kam die Ablehnung aber nach 6 Wochen – also zu spät. Ich beauftragte den Anwalt ein Schreiben an meinen Arbeitgeber zu verfassen und dieses ging auch direkt raus.
Wie war die Reaktion Deines Arbeitsgebers?
Zwei Tage später rief dann mein Vorvorgesetzter an, der mich fragte, wie ich mich erdreisden könnte, zum Anwalt zu gehen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Fronten also schon verhärtet. Er hat das Schreiben des Anwalts bekommen und das wäre ja jetzt sehr überraschend. Ich fragte ihn, ob er sich vorstellen könnte, wie es mir dabei geht. Ich teile im Vorfeld mit, dass ich wieder arbeiten möchte, bekomme gesagt, es seien keine Stellen frei und über andere Kanäle erfahre ich dann, dass ein befristeter Vertrag verlängert wurde, genau für die Zeit, wo ich wieder arbeiten möchte. Mein Vorvorgesetzter hat seine Rechtsabteilung eingeschaltet und von dort kam ein Schreiben, dass es schwierig sei, wenn alle in Teilzeit nur vormittags arbeiten möchten. Aber das muss der Arbeitgeber ja einplanen, und das kann nicht mein Problem sein. Ich habe es rechtzeitig angekündigt und habe auch während der Elternzeit die Firma mit meinem Sohn besucht, um mein Interesse zu bekunden.
Ich habe mehrfach versucht, meinen Vorgesetzten zu erreichen um zu fragen, ob es eine Chance gibt, dass wir uns nochmal zusammensetzen können um zu reden. Kein Mensch hat mit mir geredet, es hieß einfach nur, wir haben keine Stellen frei. Nachdem mir das nicht gelungen ist, habe ich meinen Anwalt damit beauftragt, die Klage einzureichen. In dem Moment wusste ich, dass ich da nicht mehr arbeiten werde.
Wie ging es weiter?
Der Anwalt hat dann die Verhandlungen geführt. Trotzdem hat sich jemand aus der Personalabteilung bei mir gemeldet und mir ausgerichtet, dass der Regionalleiter mit mir über ein Abfindungsangebot sprechen möchte. Jetzt wollten sie mit mir sprechen! Aber ich werde nicht an meinem Anwalt vorbei verhandeln, denn ich habe ja keine Ahnung und war noch nie in solch einer Situation. Ich habe ihn also nicht angerufen und es kam zur Güteverhandlung. Es kam dann zu einer Einigung, dass ich mit Zahlung einer Abfindung die Firma verlasse. Also bin ich jetzt auf Arbeitssuche.
Welche Tipps möchtest Du an andere arbeitende Mamas weitergeben?
Geh so früh wie möglich ins Gespräch und mach alles schriftlich per Brief und nicht mehr E-Mail! Und am besten lässt Du Dir den Eingang auch noch bestätigen. Es sind längst nicht alle Arbeitgeber so, aber das weiß man ja nicht im Voraus. Und wenn es so verfahren ist, dann suche Dir einen Anwalt für Arbeitsrecht.
Außerdem achte unbedingt darauf, dass – falls es zu einer Abfindung kommt – die Kündigungsfrist eingehalten wird. Ich wusste nicht um diese Hürde und habe jetzt das Problem, dass das Arbeitsverhältnis mit Richterspruch vom 22. November 2019 rückwirkend zum 31. Oktober 2019 beendet wurde. Da ich satte 20 Jahre bei dem Unternehmen beschäftigt war, betrug meine Kündigungsfrist 7 Monate.
Ich habe nun den Beschluss ans Arbeitsamt weitergeleitet. Mit dem Erfolg, dass ich bis einschließlich 31. Mai 2020 gesperrt bin, also kein Arbeitslosengeld erhalten. Ich werde zwar versuchen, dagegen Widerspruch einzulegen, aber mir wurde am Telefon bereits gesagt, dass ich keinen gesetzlichen Anspruch auf die Zahlung von ALG I hätte. (Gesetzlich vielleicht nicht, aber moralisch doch: die Agentur für Arbeit schreibt sich gerade dick auf die Fahne, Mütter zu fördern und beim Wiedereinstieg zu unterstützen. Persönlich merke ich davon gerade nichts.)
Ich hätte nie gedacht, dass mein Problem der Arbeitgeber sein könnte. Ich dachte, einen Krippenplatz zu ergattern, sei die große Hürde.
Solltest Du jemanden kennen, der eine zuverlässige, kaufmännische Angestellte sucht – ich bin käuflich. 😊